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Thomas Kremers

 

Das Kooperative Lernen als fokussierendes Bindeglied zwischen der ersten und der zweiten Phase der Lehrerausbildung? Thesen[1] zur Integration von fachlichen, sozialen und personenorientierten Lernprozessen in der Lehrerausbildung

 

Es mehren sich bildungspolitische Stimmen, die eine deutliche Kritik an der bisherigen Lehrerausbildung an den Universitäten formulieren, die bisher oft einseitig fachwissenschaftlich orientiert ist. Das neu zu gestaltende Praxissemester bietet eine Chance, den Praxisanteil stärker in die universitäre Lehrerausbildung zu integrieren. Das Kooperative Lernen mit einem integrativen Ansatz von sozialem und fachlichem Lernen könnte als schüleraktiverendes Konzept ein wichtiges Bindeglied zwischen der ersten und der zweiten Phase der Lehrerausbildung werden, da das Kooperatives Lernen vielfältige Impulse für alle relevanten Dimensionen einer qualifizierten Lehrerausbildung beinhaltet.

 

Lehrerausbildung im Kontext globaler Prozesse

 

Bildungssysteme in der ganzen Welt stehen in einem komplexen und schwierigen Veränderungsprozess  und suchen nach neuen Konzepten,  sodass sie im Stande sind, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts konstruktiv zu begegnen und kreative Lösungen für ein lebenslanges Lernen in Wissensgesellschaften zu entwickeln. Gesellschaft und Wirtschaft fordern heute mit Nachdruck die Aneignung der Schlüsselkompetenz „Teamfähigkeit“ im Kontext lernender Institutionen Deshalb erscheinen  kooperative Lernarrangements als wichtiger Erfahrungs- und Lernraum für SchülerInnen, Studierende und LehramtsanwärterInnen, damit diese sich im Sinne sowohl einer Persönlichkeitsentwicklung als auch einer Vorbereitung auf das Berufsleben grundlegende soziale, kommunikative und methodische Kompetenzen aneignen. Damit wird ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur Vermittlung von Demokratiekompetenzen geleistet, die durch jede neue Generation immer wieder neu erworben werden müssen.

 

In der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung werden zukünftige Lehrkräfte zunächst an den Universitäten und anschließend in den Schulen und Studienseminaren von heute für die Arbeit an Schulen der Zukunft ausgebildet. Alle SchülerInnen und ihre Eltern, Studierende, LehramtsanwärterInnen, LehrerInnen, Seminarausbilder und Hochschuldozenten sind mit einer Welt konfrontiert, die sich permanent und immer schneller verändert. Diese kaum noch zu überblickenden wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Prozesse in einer globalisierten Wirtschaft und Gesellschaft erzeugen viel Unsicherheit. Aber niemand wird sich auf Veränderungen einlassen, wenn er oder sie sich orientierungslos und unsicher fühlt. So kann die erfolgreiche Kooperation aller an Lernprozessen Beteiligten Erfolgserlebnisse, Sicherheit und eine Motivation für weitere Veränderung vermitteln.

 

Universitäre Lehrerausbildung im Umbruch

 

Herrmann bezeichnet den Lehrerberuf als „den schwierigsten akademischen Beruf“[2]. Im Kontrast zu dieser großen gesellschaftspolitischen Bedeutung stünde eine Lehrerausbildung an den Universitäten, die lediglich als „fünftes Rad am Wagen der Fachwissenschaften“ fungiere. Wie Herrmanns betont Klatten die Relevanz einer personenorientierten Ausbildung: Bildung müsse „Wissensvermittlung, aber auch Persönlichkeitsentwicklung“[3] umfassen. Sie fordert, dass sich die zukünftigen Lehrer bereits an der Universität ein „besseres Handwerkszeug“[4] aneignen müssten. Auch Prenzel unterstreicht die Notwendigkeit der Verknüpfung einer fachwissenschaftlichen, pädagogischen und personenorientierten universitären Lehrerausbildung: LehrerInnen müssten sowohl „Persönlichkeiten mit dem Gespür für Menschen“[5] sein als auch „auf der Höhe der Forschung in ihren Unterrichtsfächern und in der Pädagogik sein.“[6]

 

Eine Chance zur Veränderung dieser unbefriedigenden Situation könnte die Realisierung eines Praxissemester bieten: Im Kontext der Bachelor- und Masterausbildung soll zukünftig an den Universitäten ein Praxissemester in das ansonsten eher fachlich orientierte Studium integriert werden. Dafür soll dann allerdings der Vorbereitungsdienst an den Studienseminaren auf 18 Monate verkürzt werden. An einigen Universitäten gibt es erste Überlegungen, beispielsweise eine Art Forschungssemester mit intensiven Hospitationen zu entwickeln: Auf der Basis von Handlungs- oder Aktionsforschung sollen unterrichtliche Prozesse differenziert beobachtet und ausgewertet werden. Damit würden Studierenden allerdings nur sehr eingeschränkt eigene Unterrichtserfahrungen erwerben.

 

Eine reflektierte eigene Praxis ist jedoch sehr wichtig, da durch die Verkürzung der zweiten Phase der Lehrerausbildung die Studierenden unmittelbar mit dem Eintritt ins Referendariat selbstständigen Unterricht ohne Anleitung erteilen sollen. Der unmittelbare Einstieg in den selbstständigen Unterricht ohne adäquate eigene Unterrichtserfahrungen und ohne Ausbildungsunterricht wird sowohl zu einer massiven Überforderung der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter als auch zu einer pädagogischen Zumutung für ihre Lerngruppen werden. Im Folgenden soll in Thesen erörtert werden, welchen Beitrag das Kooperative Lernen als Bindeglied zwischen der universitären Phase und der zweiten Phase der Lehrerausbildung zu einem integrativen Konzept von Lehrerausbildung leisten könnte.

 

Kooperatives Lernen

 

Das Kooperative Lernen ist ein komplexes Konzept der Unterrichts- und Schulentwicklung, das ursprünglich in den USA[7] und Kanada[8] entwickelt wurde. Wie die Summerschool in Münster im Jahre 2009 gezeigt hat, wird es mittlerweile  auch in verschiedenen Regionen Deutschlands mit viel Erfolg praktiziert. Diese Praxis spiegelt sich mittlerweile auch in zahlreichen deutschsprachigen Veröffentlichungen[9] zum Kooperativen Lernen wider. Die Entwicklung einer sicheren Lernumgebung, die Anwendung eines breiten Spektrums kooperativer Lernverfahren und die Zentrierung auf fünf pädagogische Basiselemente gelten als die drei Säulen des Kooperativen Lernens. Diese fünf grundlegenden pädagogischen Prinzipien sind die Förderung der individuellen Verantwortung für Lernprozesse, die Vermittlung einer Erfahrung positiver gegenseitiger Abhängigkeit in kooperativen Lernarrangements, die Fokussierung auf das soziale Lernen, die direkte Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedernund die regelmäßige Prozessauswertung und Methodenreflexion durch die SchülerInnen. Im Zentrum steht somit die gesellschaftlich so häufig postulierte soziale und methodische Schlüsselkompetenz „Teamfähigkeit“.

SchülerInnen unterstützen sich in gut strukturierten Gruppenaktivitäten gegenseitig bei der Arbeit und gelangen gemeinsam zu Ergebnissen, die sie alleine nicht erreichen könnten.  Dies geschieht in Partner- oder Gruppenarbeit. In den Lerngruppen wird unter Zuhilfenahme von zahlreichen Methoden ein hohes Aktivierungsniveau der Lernenden erreicht mit nachhaltigen Erfolgen nicht nur beim Erwerb sozialer Kompetenzen sondern auch im kognitiven und fachlichen Bereich. Was eine Schülerin bzw. ein Schüler mit anderen diskutiert und was ein Mitglied einer Gruppe anderen beibringt, eröffnet ihr bzw. ihm die Chance zu tieferem Verständnis und zum besseren Behalten des Gelernten. Problemlöse- und Sozialkompetenzen werden gleichermaßen aufgebaut und führen häufig zu einem positiveren Selbstbild der Lernenden. Gemeinsame Lernaktivitäten fördern das aktive Lernen und schaffen ein förderliches soziales Klima. Durch vielfältige Verfahren wird das eigenverantwortliche und selbständige Arbeiten in Gruppen eingeübt. Deshalb wird das Kooperative Lernen als schüleraktivierende Didaktik bezeichnet.

 

Mehr als ein Methodensteinbruch

 

Beim Einsatz kooperativer Verfahren gilt wie für jeden Methodeneinsatz, dass die Methoden in der Regel keinen Selbstzweck verfolgen, sondern von den wesentlichen fachlichen, sozialen, kommunikativen und methodischen Zieldimensionen der Lernprozesse abgeleitet werden und auf einer soliden fachwissenschaftlichen Basis stehen müssen. Deshalb sollte zunächst noch  auf ein mögliches didaktisch-methodisches Problem hingewiesen werden: In den letzten Jahren konnte immer wieder beobachtet werden, dass besonders am Anfang der Lehrerausbildung im Studienseminar einige LehramtsanwärterInnen das Kooperative Lernen vornehmlich als Methodensteinbruch nutzen. Spektakuläre Methoden wie das Jigsaw (einer Varinate des Gruppenpuzzle) werden eingesetzt, ohne die grundlegenden Prinzipien des Kooperativen Lernens zu berücksichtigen. So wird bspw. keine Verantwortung der Lernenden für ihre Lernprozesse bewirkt oder keine positive gegenseitige Abhängigkeit erreicht.

 

Diese Art der Unterrichtsplanung und des Unterrichtens wird durch die Methode dominiert, während die Inhalte und die Unterrichtsziele in den Hintergrund treten. Das Resultat ist ein Unterricht, der sich durch fachlich schwache Lernergebnisse auszeichnet. Die Lerngruppen  werden zwar aktiviert, aber die Ergebnisse der Lernprozesse bleiben oberflächlich. Diese Fehlentwicklung ist oft dadurch zu korrigieren, dass die LehramtsanwärterInnen an die Grundlagen des Konzeptes wie z.B. die fünf Basiselemente erinnert werden und gemeinsam überlegt wird, wie diese im Sinne eines integrativen Konzeptes im Kontext der fachlichen Arbeit realisierbar sind. Eine möglichst frühe und differenzierte Aneignung des Kooperativen Lernens im universitären Bereich könnte dazu beitragen, derartige Fehlentwicklungen zu minimieren.

 

1. Lehrerpersönlichkeit

 

Die Lehrerausbildung sollte neben einer soliden fachwissenschaftlichen Qualifizierung sowohl die Aneignung theoretischer Grundlagen von Lern- und Erziehungsprozessen als auch die konkrete Umsetzung in der schulischen Praxis vermitteln. Unterrichtliche Kompetenzen resultierten aus vielfältigen Faktoren: Subjektorientierte Lernprozesse an der Universität und im Studienseminar greifen die bereits in anderen Handlungsfeldern erworbenen Kompetenzen auf und erweitern diese individuellen Kompetenzen. Das individuelle Handeln wird in den Kontext von Theorien gestellt und das professionelle Handeln im System Schule wird kritisch reflektiert. Auf der Grundlage ihrer individuellen Lernbiographie sollen die zukünftigen LehrerInnen  darin unterstützt werden, ein eigenes Konzept von gutem Unterricht und einen dazu passenden Unterrichtsstil zu entwickeln. Deshalb sollte die Lehrerausbildung auch die Ausbildung emotionaler und sozialer Kompetenzen beinhalten, da diese wichtige Bestandteile einer professionellen Lehrerpersönlichkeit sind. Ein großes Hindernis für produktives Lernen in Schulen ist das auch heute noch häufig zu beobachtende Einzelkämpfertum vieler Lehrkäfte, die statt zu kooperieren und sich gegenseitig zu unterstützen, oft isoliert und wenig produktiv in der schule agieren. Die Aneignung des Kooperativen Lernens könnte die Kooperation im System Schule auf allen Ebenen stärken und die personenorientierte Arbeit in der Lehrerausbildung unterstützen.

 

2. Die Entwicklung von Unterrichtskompetenzen

 

Die Lehrerausbildung sollte sowohl in universitären Veranstaltungen als auch in der Ausbildung an Studienseminaren schulische Lernprozesse widerspiegeln und als Experimentierfeld für neue Konzepte sowie soziale, methodische und kommunikative Methoden und Lernstrategien dienen. Der größte Teil der Studierenden und LehramtsanwärterInnen ist für neue unterrichtliche Aktivitäten und Konzepte offen und könnte diese für Innovationen an ihren eigenen Schulen nutzen. Die Aneignung des Konzepts und die Erfahrungen mit kooperativen Lernstrategien in den Veranstaltungen der Universitäten und der Studienseminare könnten ihnen helfen, die Qualität ihrer Partner- oder Gruppenarbeit zu verbessern. Sie könnten kooperative Verfahren wie Think-Pair-Share, Placemat oder das Minigruppenpuzzle in ihr Unterrichtsrepertoire aufnehmen. Sie könnten ebenso die im Kontext dieser kooperativen Tätigkeiten erlernten Kompetenzen als Basis für andere Lernformen wie Wochenplanarbeit, Feiarbeit, Lernen an Stationen oder Projektarbeit verwenden. So könnte die Aneignung des Kooperativen Lernens dazu beitragen, dass sich die zukünftigen Lehrer ein breites Spektrum methodischer und konzeptioneller Kompetenzen aneignen.

 

3. Teambildung

 

Während sich an Universitäten in Kanada oder den Niederlanden die Kooperation von Studierenden in Kleingruppen als verpflichtende Basis universitärer Lernprozesse etabliert hat, erscheint das Studium in Deutschland oft noch als rein individueller Prozess. Eine Implementierung und Verpflichtung der Studierenden zur Kooperation an Universitäten dürfte die Abbrecherquote reduzieren und Studienerfolge deutlich steigern. In den Studienseminaren werden mittlerweile LehramtsanwärterInnen zu verschiedenen Zeitpunkten eingestellt. So entstehen  heterogene Lehrgruppen aus LehramtsanwärterInnen mit verschiedenen Lernvoraussetzungen und Interessen. Innerhalb dieser heterogenen Gruppen können Teams gebildet werden, welche mit Hilfe des Kooperativen Lernens selbstständig und produktiv arbeiten. Besonders in Einstiegsphasen sowohl an Universitäten als auch an Studienseminaren können kooperative Aktivitäten dazu beitragen, gute soziale Beziehungen als Basis für eine weitere produktive Zusammenarbeit aufzubauen. Kooperative Methoden können ebenso inhaltlich verwendet werden, um bspw. individuelle Bilder von guten Lehrern, die sich auch als permanent Lernende verstehen, sichtbar zu machen und zu vergleichen oder charakteristische Merkmale von gutem Unterricht zu entwickeln.

 

4. Aktivierende Didaktik

 

Kooperatives Lernen wird häufig der aktivierenden Didaktik zugeordnet: Wie SchülerInnen können Studierende und LehramtsanwärterInnen durch kooperative Methoden aktiviert werden. Schon der Einsatz von kurzen Austauschphasen durch Think-Pair-Share würde z.B. in Vorlesungen, Seminaren oder Seminarveranstaltungen eine Aktivierung von Studierenden oder LehramtsanwärterInnen fördern, die die vermittelten fachwissenschaftlichen oder pädagogischen Inhalte in ihren eigenen Worten formulieren und sich darüber mit einem Partner austauschen. Sie übernähmen damit verstärkt die Verantwortung für ihre Lernprozesse im Studium und im Seminar. Während der Phase des selbstständigen Unterrichts bekommen die LehramtsanwärterInnen nur sehr wenig Unterstützung durch erfahrene LehrerInnen. So könnte eine kooperative Struktur von sich gegenseitig unterstützenden Tandems oder Teams, die sich beispielsweise gegenseitig im Unterricht hospitieren und die Unterrichtsprozesse gemeinsam reflektieren, sowohl im Praxissemester die Studierenden als auch in der Phase des selbstständigen Unterrichts die Lehramtsanwärter unterstützen und entlasten. damit könnte gleichzeitig die Qualität der Ausbildung deutlich verbessert werden.

 

5. Soziales Lernen

 

Studierende und LehramtsanwärterInnen, die Kooperatives Lernen praktizieren, erwerben wichtige Kompetenzen in der Vermittlung von sozialem Lernen. Wenn sie effektive Teamaktivitäten initiieren, erfahren sie auch, dass die Umsetzung einer langfristigen Utopie von einer durch Kooperation charakterisierten Schule nur durch den Aufbau diverser Kompetenzen in vielen kleinen Schritten möglich ist. Kooperatives Lernen kann ebenfalls als Modell von integriertem fachlichen und sozialen Lernen erfahren werden: Statt eines isolierten Methodentrainings verbindet das Kooperatives Lernen soziales, kommunikatives, methodisches und fachliches Lernen. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Konzept des Kooperativen Lernens kann mit anderen Themenfeldern wie Lerntheorien, Gehirnforschung, Konzeptentwicklung, Lernen mit verschiedenen Sinneskanälen usw. verknüpft werden.

 

6. Kooperation

 

Im Sinne einer neuen teamorientierten Lernkultur kann auch die Zusammenarbeit der Lehrenden an Universitäten und Seminarausbilder vom Kooperativen Lernen profitieren. Zum Beispiel können sie ihre Lerngruppen in kooperativen Lernprojekten mischen. Im Kontext einer kooperativen Lernkultur können ebenfalls Elemente des Kooperativen Lernens produktiv in Konferenzen verwendet werden. Eine neue Qualität des gemeinsamen Lernens und Unterrichtens kann erreicht werden, wenn Studierende oder LehramtsanwärterInnen zu Experten des kooperativen Lernens ausgebildet werden und in diesem Kontext partnerschaftlich mit Dozenten oder Seminarausbildern zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit kann helfen, die hierarchischen Strukturen sowohl des universitären Lernens als auch der Lernprozesse in Studienseminaren etwas aufzulösen. Wie bei der Schulentwicklung sollte es auch im Kontext der Hochschul- und der Seminarentwicklung um die Entwicklung einer neuen Lernkultur gehen, in der Kooperation ein zentrales Element sein sollte.

 

7. Impulse für die Schulentwicklung

 

Als Vermittler zwischen Universität, Schule und Studienseminar können sowohl Studierende und Dozenten als auch LehramtsanwärterInnen und SeminarausbilderInnen auf der Grundlage des Kooperativen Lernens vielfältige Impulse für die Unterrichts- und Schulentwicklung geben. So hat es sich als eine gute Idee erwiesen, dass der Prozess der Unterrichts- und  Schulentwicklung in der Region Duisburg-Oberhausen sowohl durch LehramtsanwärterInnen als auch durch Seminarausbilder unterstützt wird. So wie LehramtsanwärterInnen häufig offen für neue Konzepte sind könnten auch Studierende im Praxissemester ihre Erfahrungen mit kooperativen Lernarrangements in ihren Unterricht einbringen. Wenn sie Kooperatives Lernen in ihrem Unterricht kompetent umsetzen, werden ihre Ausbildungslehrer neugierig und wollen mehr über das Kooperatives Lernen erfahren. Daraus ergeben sich z.B. Nachfragen nach Lehrerfortbildungen für die jeweilige Schule. Wenn Seminarausbilder ihren eigenen Unterricht für Studierende und LehramtsanwärterInnen oder andere Lehrer öffnen und bspw. kooperative Lernarrangements praktizieren, können sie Modelle für guten Unterricht präsentieren und durch den kollegialen Austausch über die kooperativen Aktivitäten ein produktives Lernfeld eröffnen. Hinzu kommt, dass die Vermittlung des Kooperativen Lernens in beiden Phasen der Lehrerausbildung zu einer gemeinsamen pädagogisch-methodischen Sprache führen könnte. 

 

Kooperatives Lernen im Praxissemester

 

Die Verkürzung der zweiten Ausbildungsphase ab 2011 wird erhebliche Probleme für eine qualifizierte Lehrerausbildung bringen, wenn Studienseminare und Universitäten nicht gemeinsam ein sinnvolles Konzept für das Praxissemester entwickeln. In diesem Kontext kann das Kooperative Lernen zu einem wichtigen Baustein im Praxissemester werden: Wenn sich die Studierenden im Studium charakteristische Methoden und konzeptionelle Grundlagen des Kooperativen Lernen aneignen und diese während des Praxissemesters im Unterricht realisieren, könnte dies zu einem wichtigen Beitrag für eine qualifizierende Lehrerausbildung werden. In den letzten Jahren wurden bereits in einigen dezentralen Kooperationsprojekten von Hochschulen und Studienseminaren positive Erfahrungen gemacht, die belegen, dass das Kooperative Lernen zu einem wichtigen integrierenden Bindeglied zwischen der ersten und der zweiten Phase der Lehrerausbildung werden  könnte. Kooperatives Lernen ist sicher kein Allheilmittel für alle unterrichtlichen Probleme oder eine Lösungsansatz für die zahlreichen Schwierigkeiten im Bildungssystem. Allerdings kann dieses Konzept wichtige Impulse sowohl für die erste und  für die zweite Phase der Lehrerausbildung als auch für Unterrichts- und Schulentwicklung geben.



[1] In diesem Aufsatz werden Diskussionspunkte des Workshops „Kooperatives Lernen in der zweiten Phase der Lehrerausbildung- Alter Wein in neuen Schläuchen?“, der im Rahmen der Summerschool 2009 in Münster durchgeführt wurde, aufgegriffen und fortentwickelt.

[2] Interview von Thomas Kerstan mit Wolfgang Herrmann, Präsident der TU München, Susanne Klatten, Unternehmerin und Stifterin, und Manfred Prenzel, Bildungsforscher und Dekan der neuen Fakultät für Lehrerausbildung an der TU München: Die künftigen Lehrer werden allein gelassen, in Die Zeit Nr. 43 vom 15.10.2009.

[3] Ebenda

[4] Ebenda

[5] Ebenda

[6] Ebenda

[7] Vgl. Bennett, Barrie/ Rolheiser, Carol/ Stevahn, L. (1991): Cooperative Learning: Where heart meets mind, Toronto. Bennett, Barrie./ Rolheiser, Carol.(2001): Beyond Monet – The Artful Science of Instructional Integration, Toronto. Johnson, David W./ Johnson, Roger T. (1994): Learning together and alone: Cooperative, competitive, individualistic learning, Boston . Johnson, David W./ Johnson, Roger T./ Holubec, Edythe (2005): Kooperatives Lernen – Kooperative Schule, Mülheim 2005. Kagan, Spencer (1994): Cooperative Learning, San Juan. Vermette, Paul J. (1998): Making Cooperative Learning Work, Upper Saddle River, Prentice Hall.

[8] Vgl. Green, Norm und Kathy (2005): Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium, Seelze-Velber.

[9] Vgl. Bochmann, Reinhard/ Kirchmann, Ruth (2006): Kooperatives Lernen in der Grundschule, Zusammen arbeiten – Aktive Kinder lernen mehr, Essen. Bochmann, Reinhard/ Kirchmann, Ruth (2009): Kooperatives Lernen in der Grundschule, Teamarbeit als Motor für individuelles Lernen, Essen. Brüning, Ludger/ Saum, Tobias (2006): Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen – Strategien zur Schüleraktivierung, Essen. Brüning, Ludger/ Saum, Tobias /2007): Erfolgreich unterrichten durch Visualisieren, Grafisches Strukturieren mit Strategien des Kooperativen Lernens, Essen. Brüning, Ludger/ Saum, Tobias (2009): Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen Band 2, Neue Strategien zur Schüleraktivierung – Individualisierung - Leistungsbewertung - Schulentwicklung, Essen. Huber, Anne A. (2008): Kooperatives Lernen – kein Problem, Leipzig. Miehe, Kirsten/ Miehe, Sven-Olaf (2004): Praxishandbuch Cooperative Learning, Meezen. Realschule Enger (2005): Lernkompetenz III Bausteine für kooperatives und kommunikatives Lernen im 5.bis 9. Schuljahr, Berlin. Röhr, Martina (1995): Kooperatives Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe, Wiesbaden. Weidner, Margit (2003): Kooperatives Lernen im Unterricht, Seelze-Velber.